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Europäischer Vollstreckungstitel – zu wenig genutzt»Zurück
Forderungen unionsweit gerichtlich eintreiben zu müssen, ist heutzutage im Geschäftsleben an der Tagesordnung. Dennoch wird ein Instrument zu wenig genutzt, das diese Eintreibungen wesentlich einfacher machen könnte – der Europäische Vollstreckungstitel „EuVT“. Damit wird Gläubigern, die bereits über einen Exekutionstitel für ihre Geldansprüche in einem Mitgliedstaat verfügen, die Möglichkeit eingeräumt, auf Vermögenswerte des Schuldners in einfacher Form und ohne Vollstreckbarkeitserklärung in einem anderen EU-Mitgliedstaat zugreifen zu können.
Mit dem EuVT hat der Gläubiger in Zivil- und Handelssachen ein schnelles und kostengünstiges Instrument für eine vom Schuldner unbestrittene Forderung, da ein Vollstreckbarkeitserfordernis im Exekutionsstaat nicht erforderlich ist. Der EuVT kann in allen Mitgliedstaaten zum Einsatz gebracht werden, mit der Ausnahme von Dänemark.
Das Verfahren setzt sich aus drei Komponenten zusammen:
· Der Gläubiger muss eine Geldforderung im Ursprungsmitgliedstaat geltend machen und darüber – ohne Bestreitung durch den Schuldner – einen Exekutionstitel erwirken. Nach ergebnislosem Verstreichen der Leistungsfrist kann sich der Gläubiger
· ebenfalls im Ursprungsstaat die Vollstreckbarkeit bestätigen lassen. Dies ist der EuVT.
· In weiterer Folge kann der Gläubiger die Exekution im Vollstreckungsstaat (= jeder EU-Mitgliedstaat außer Dänemark) betreiben, ohne dass eine weitere Vollstreckbarkeitserklärung erlassen werden muss und ohne dass die Bestätigung noch angefochten werden kann. Das Vollstreckungsgericht darf also die Bestätigung des Ursprungsstaates nicht mehr überprüfen.
Exekutionstitel, die als EuVT in Frage kommen, sind gerichtliche Entscheidungen über unbestrittene Geldforderungen, gerichtliche Vergleiche oder öffentliche Urkunden. In Österreich erfüllen dieses Kriterium z.B. Anerkennungsurteile, Zahlungsbefehle und (bestimmte) Versäumungsurteile. Als öffentliche Urkunden gelten etwa vollstreckbare Notariatsakte. Außerdem sind nur solche Titel geeignet, die nach dem 21.1.2005 ergangen sind oder errichtet wurden.
Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
K. Beyer