Mit 1.1.2022 ist das neue Verbrauchergewährleistungsgesetz („VGG“) in Kraft getreten. Durch dieses Gesetz wird das Gewährleistungsrecht für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern über den Kauf von Waren sowie über die Bereitstellung digitaler Leistungen (gegen Zahlung oder auch Hingabe von personenbezogenen Daten) neu geregelt. Zusätzlich gibt es Änderungen sowohl im KSchG als auch im ABGB. Hier dürfen wir Ihnen überblicksmäßig kurz darstellen, welche Änderungen sich dadurch ergeben:
Mit dem VGG werden die Richtlinie (EU) 2019/770 vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen sowie die Richtlinie (EU) 2019/771 vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragliche Aspekte des Warenkaufs in nationales Gesetz umgesetzt.
Im VGG wird insbesondere auch der fortschreitenden Digitalisierung in der Gesellschaft Rechnung getragen. So werden in den Anwendungsbereich explizit „digitale Leistungen“ aufgenommen. Bei denen ist es auch nicht erforderlich, dass die Gegenleistung des Verbrauchers in einem Entgelt besteht, sondern reicht die Hingabe von personenbezogenen Daten, es sei denn, der Unternehmer verarbeitet diese Daten ausschließlich zur Bereitstellung der digitalen Leistungen oder zur Erfüllung von rechtlichen Anforderungen. Unter das VGG fallen somit digitale Leistungen, wie zB Streaming-, Cloud- oder auch Social Media-Dienste.
Doch was ändert sich nun?
Wesentlich für Unternehmer ist, dass dieser bei der übergebenen Ware oder bereitgestellten digitalen Dienstleistung nicht mehr nur für die vertraglich vereinbarten Eigenschaften haften, sondern auch für die objektiv erforderlichen Eigenschaften. Mit objektiv erforderlichen Eigenschaften meint das VGG, die allgemein üblichen Eigenschaften, sprich:
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Die Ware oder digitale Leistung muss für den Zweck geeignet sein, für welchen derartige Produkte üblicherweise verwendet werden.
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Sofern eine Probe vorab zur Verfügung gestellt wurde, der Qualität und Beschreibung dieser Probe/dieses Musters entsprechen. Gleiches gilt für vorab zur Verfügung gestellte Testversionen.
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Soweit zutreffend, ist die Ware/digitale Leistung mit dem entsprechenden Zubehör, einschließlich Verpackung und allfälliger Anleitungen (Installation, Montage etc.) auszustatten, dessen Erhalt der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann.
Von diesem Erfordernis kann abgewichen werden, wenn der Verbraucher der Abweichung bestimmter Merkmale von den objektiv erforderlichen Eigenschaften ausdrücklich und gesondert zustimmt.
Weiters besteht für Unternehmer in Bezug auf Waren mit digitalen Elementen sowie digitalen Leistungen eine Aktualisierungspflicht gemäß § 7 VGG. Demnach sind dem Verbraucher jene Aktualisierungen zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, damit die Ware oder die digitale Leistung weiterhin dem Vertrag entspricht. Das Gesetz legt ebenfalls fest, innerhalb welcher Zeiträume diese Aktualisierungspflicht gilt. Kommt der Unternehmer dieser Pflicht nicht nach, haftet dieser für etwaige Mängel, die allein auf das Unterbleiben dieser Aktualisierungspflicht zurückzuführen sind. Dies gilt dann nicht, wenn der Verbraucher ausdrücklich und gesondert einer Abweichung von dieser Aktualisierungspflicht zugestimmt hat.
Eine wesentliche Änderung gibt es auch bei der Beweislastumkehr. Wurde bislang vermutet, dass ein Mangel, welcher innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe der Ware hervorkommt, bereits bei der Übergabe vorlag, so wird diese Frist nunmehr auf ein Jahr verlängert. Bei Waren mit digitalen Elementen, bei denen digitale Leistung nach dem Vertrag fortlaufend über einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum bereitzustellen sind, gilt diese Vermutung sogar für die gesamte Dauer der Bereitstellung dieser Leistung.
Die Gewährleistungsfrist an sich beträgt weiterhin zwei Jahre. Bei Waren mit digitalen Elementen, die digitale Leistungen nach dem Vertrag fortlaufend über einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum bereitstellen, gilt die Gewährleistungsfrist für die gesamte Dauer der Bereitstellung. Liegt die Vertragsdauer bei solchen Leistungen unter zwei Jahren, haftet der Unternehmer dennoch für jeden Mangel der digitalen Leistung, der innerhalb von zwei Jahren nach Übergabe der Ware auftritt oder hervorkommt.
Eine weitere wesentliche Änderung findet sich auch in der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen. Bislang verjährten diese mit Ende der Gewährleistungsfrist, nunmehr tritt die Verjährung erst drei Monate nach Ablauf der jeweiligen Gewährleistungsfrist ein. Sprich der Verbraucher hat nunmehr nach Ablauf der Gewährleistungsfrist 3 Monate Zeit, um seine Gewährleistungsansprüche gerichtlich geltend zu machen.
Neben dem VGG gilt weiterhin für Verträge die nicht von diesem erfasst sind, das ABGB bzw. das KSchG, weshalb in diesen ebenfalls Anpassungen notwendig waren. So wurde im ABGB ebenfalls die Aktualisierungspflicht für Waren mit digitalem Inhalt aufgenommen. Auch wurde § 933 ABGB angepasst, wonach die Ansprüche auf Gewährleistung erst 3 Monate nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, im Fall von Rechtsmängeln innerhalb von 2 Jahren, bei unbeweglichen Sachen innerhalb von 3 Jahren ab Bekanntwerden des Mangels, verjähren.
In diesem Zusammenhang wurde auch die Frist für Regressansprüche des gewährleistungspflichtigen Übergebers verlängert, diese verjähren nunmehr innerhalb von 3 Monaten nach Erfüllung der eigenen Gewährleistungspflicht, spätestens innerhalb von 5 Jahren nach Leistungserbringung. Von dieser Vereinbarung kann nur dann abgewichen werden, wenn dies im Einzelnen ausgehandelt worden ist und den Übergeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nicht gröblich benachteiligt.
Im KSchG wurden zusätzlich Regelungen für den Fall des Verzugs ergänzt. So kann der Verbraucher, wenn der Unternehmer seine Leistung nicht fristgerecht erbringt, diesen innerhalb einer den Umständen angemessenen Nachfrist dazu auffordern. Erbringt dieser dennoch nicht seine Leistung, hat der Verbraucher das Recht vom Vertrag zurücktreten. Im Falle eines Fixgeschäftes muss der Verbraucher keine Nachfrist setzen, sondern kann sofort vom Vertrag zurücktreten. Im Falle einer digitalen Leistung kann der Verbraucher den Unternehmer ohne Fristsetzung zur Bereitstellung auffordern und in weiterer Folge auch vom Vertrag zurücktreten, sofern der Unternehmer, trotz Aufforderung oder innerhalb einer allenfalls ausdrücklich vereinbarten Nachfrist, seiner Leistung nicht nachgekommen ist.
Eine weitere Neuerung im KSchG betrifft das Thema vertragliche Garantien. Wie bisher hat sich der Unternehmer an die Zusagen in der Garantieerklärung sowie an den in der Werbung bekanntgemachten Inhalt zu halten. Sind die Zusagen in der Garantieerklärung für den Verbraucher weniger vorteilhaft als die Angaben über die Garantie in der Werbung, so ist die Garantie zu den in der Werbung angegebenen Bedingungen verbindlich, sofern nicht die Werbung noch vor Vertragsabschluss mit der gleichen Wahrnehmbarkeit berichtigt wurde.
Mag. Karina Beyer
Mag. Barbara Spanberger